"Richtig" Lüften

Gut gelüftete Wohn- und Arbeitsräume und gleichzeitiges Energiesparen sind widersprüchliche Themen: Aus hygienischen Gründen ist eine gute Raumluftqualität durch ausreichende Frischluft-zufuhr für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit unbedingt notwendig. Dem gegenüber stehen durch Fensterlüftung verursachte große Wärmeverluste und daraus resultierend ein höherer Heizenergiebedarf und Schadstoffausstoß. Wir geben Tipps für richtiges Lüften, die eine Balance zwischen Gesundheits- und Energieaspekten schaffen.

Lüften war früher kein Thema..

 

Lüften passierte früher durch undichte Stellen bei Fenstern und Türen einfach nebenbei. Bei alten, schlecht schließenden Fenstern war und ist der notwendige Mindestluftwechsel durch undichte Fugen an Fensterflügeln oder am Fensterstock von selbst gewährleistet. Diese Undichtheiten bedeuten aber auch hohe, unkontrollierte Energie- und Wärmeverluste und damit höhere Heizkosten und geringere Behaglichkeit. Die Wärmeverluste von alten Fenstern sind häufig bis zu fünfmal höher als die der umgebenden Außenmauern!

 

Die Fenster und angrenzende Bereiche kühlen dadurch im Winter besonders stark ab und es kommt zur Kondensation, also zur Bildung von feuchten Stellen an Scheiben und Mauern. Bei heute üblichen neuen Fenstern und Türen ist der Wärmeverlust und Luftaustausch auf Grund von Wärmeschutzverglasung, Dichtungen und fachgerechtem „dichten“ Einbau im Vergleich nur sehr gering.

 

Was in alten Häusern häufig von selbst funktionierte, muss heute der Mensch durch bewusstes Lüften erreichen – den lebensnotwendigen Luftaustausch!

 

Wird nicht ausreichend gelüftet, unterbinden die dichten Fenster nicht nur Energieverluste, sondern führen auch dazu, dass sich Feuchtigkeit, Staub und Schadstoffe in den Wohn- oder Arbeitsräumen anreichern. Erhöhte Raumluftfeuchtigkeit kann zu Schimmelpilzbefall führen. Höhere Schadstoff-konzentrationen bringen reduziertes Wohlbehagen und gesundheitliche Beeinträchtigung der BewohnerInnen mit sich.

 

Gründe für ausreichendes Lüften:

  1. Erhalt Ihrer Gesundheit
    Nach Erkenntnissen aus Medizin und Baubiologie halten sich Menschen in unseren Breiten mehr als neunzig Prozent des Tages in geschlossenen Räumen auf. Aus gesundheitlicher Sicht ist deshalb die Qualität von Innenraumluft von besonderer Bedeutung. Luft ist eine Mischung aus gasförmigen und festen Stoffen. Dort findet man zum Beispiel CO2 aus Atmung und Verbrennung, Tabakrauch, Formaldehyd, Radon, Ozon, Hausstaub und Schimmelpilzsporen. Dieser Cocktail kann - je nach Konzentration und Dauer der Beeinflussung - Gesundheit und Wohlbefinden beeinträchtigen.
     
  2. Zufuhr von Sauerstoff
    Wir atmen sauerstoffreiche Luft ein und verbrauchte, kohlendioxidangereicherte Luft aus. Bei der Bestimmung der nötigen Frischluftmengen in der Raumluft liefert die CO2-Konzentration in der Luft einen guten Anhaltspunkt. Der international anerkannte Pettenkofer-Koeffizient gibt als maximal zulässige CO2 Konzentration 0,1% CO2 in der Raumluft an. Daraus ergeben sich notwendige Frischluftraten in Abhängigkeit der Aktivität der anwesenden Personen. Bei unterschiedlicher Aktivität der Personen variiert nämlich auch die CO2-Abgabe durch die Atmung und damit die notwendige Frischluftmenge: Konkret heißt das, dass in einer von einer vierköpfigen Familie bewohnten 75 m² großen Wohnung, bei Anwesenheit aller BewohnerInnen, im Schnitt etwa alle 2 Stunden die Raumluft ausgetauscht werden sollte. Bei einem 140 m² großen Haus ist aufgrund seines größeren Luftvolumens eine Erneuererung der Raumluft alle 3 Stunden ausreichend. Zu geringe Luftaustauschraten führen zu erhöhtem CO2 Gehalt und damit zu Ermüdungserscheinungen und zum Sinken der Konzentrationsfähigkeit. Die ÖNORM B8135 schreibt deshalb eine Luftwechselrate von 0,5 pro Stunde vor. Das bedeutet in der Praxis, dass mindestens alle zwei Stunden die gesamte Raumluft gegen frische Außenluft getauscht werden sollte, um den hygienischen Standards zu genügen.
     
  3. Abfuhr von Feuchtigkeit
    Durch unseren modernen, „wasserintensiven“ Lebenswandel und dichte Gebäudehüllen kommt es zu erhöhter Luftfeuchtigkeit in Innenräumen. Im Durchschnitt ist bei Wohnungen davon auszugehen, dass bei normaler Nutzung pro Tag etwa zehn Liter Feuchtigkeit an die Raumluft abgegeben werden. Bewegt sich die relative Luftfeuchtigkeit in Räumen dauerhaft um 60 % und darüber, besteht akute Schimmelgefahr!
    Unser Tipp: Ein Hygrometer kostet wenig und hilft, die Luftfeuchtigkeit im Auge zu haben. Ab 60% relativer Luftfeuchtigkeit droht im Winter Schimmelbefall an den kühlsten Stellen im Raum.
     
  4. Entfernen von Schadstoffen
    Neben der Belastung der Wohnräume durch von BewohnerInnen abgegebene Schadstoffe (CO2, Schweiß, Tabakrauch), machen Ausdünstungen aus Baustoffen und Einrichtungsgegenständen sowie aus Haushaltschemikalien einen regelmäßigen Luftaustausch durch Lüften unabdingbar. Formaldehydausdünstungen aus Spanplatten, Verbrennungsluft der Gasfeuerung, Holzschutz-mitteldämpfe, Lösungsmittel aus Klebern, Farben, Lacken und Reinigungsmitteln, Ausdünstungen aus Bodenbelägen etc. belasten die Raumluft.

 

„Richtig“ Lüften spart Energie und ist gesund!

 

Frischluftzufuhr durch Fensterlüftung ist in der Heizsaison immer auch mit massiven Energieverlusten verbunden. In dieser Zeit ist es besonders wichtig, „richtig“ zu lüften. Je kälter und windiger es draußen ist, desto kürzer kann die Lüftungsdauer sein. Feuchte, verbrauchte Innenluft wird möglichst rasch gegen kalte, trockene Außenluft getauscht. Diese kann, wenn sie sich erwärmt, wieder Feuchtigkeit aus dem Raum aufnehmen, die später erneut abgelüftet wird. Bei dieser Lüftungs-methode wird die verbrauchte Luft innerhalb weniger Minuten ausgetauscht, ohne dass sich Wände und Einrichtungs-gegenstände abkühlen.

 

Lüftungsarten für Einfamilienenhäuser

 

Querlüftung

1 – 5 Minuten, mindestens 3 bis 4 mal täglich, wobei möglichst gegenüberliegende Fenster/Türen gleichzeitig ganz geöffnet werden sollten (=Querlüftung).

 

Stoßlüftung

5 – 10 Minuten, 3 bis 4 mal täglich, Fenster eines Raumes werden ganz geöffnet.

 

Gekipptes Fenster

Falsch hingegen ist es im Winter das Fenster dauerhaft gekippt zu halten!

 

Ein vollständiger Luftwechsel dauert bei gekipptem Fenster bis zu einer Stunde, die Mauern und Möbel rund ums Fenster kühlen ab und die Energieverluste sind enorm. An den kühlen Bauteilen kann Luftfeuchtigkeit kondensieren und zu Schimmelbildung führen, obwohl man „dauernd lüftet“.

 

Einen wesentlichen Einfluss auf das Raumklima, den Feuchtigkeitshaushalt und teilweise auf Gerüche haben auch die obersten Zentimeter der raumumschließenden Wände und Decken. Baustoffe, die die Feuchtigkeit kurzfristig aufnehmen und später wieder abgeben können, tragen so zu einer ausgeglichenen Feuchtigkeit der Raumluft bei. Die Gefahr von Kondenswasserbildung im Bereich von Wärmebrücken und die Gefahr von Schimmelbildung werden dadurch verringert.

 

Zur Wasserdampfaufnahme fähig sind z. B.

 

 

Bequeme Wohnraumlüftung

Fensterlüftung ist schön und gut, aber in der Praxis zeigt sich, dass meist viel zu wenig oder falsch und mit zu hohen Energieverlusten gelüftet wird. Automatische Lüftungssysteme schaffen hier Abhilfe: Ventilatoren oder Lüftungsgeräte saugen die Luft ab und belüften das Haus.

Dazu gibt es verschiedene Systeme

 

Einzelraumlüftung

Dabei handelt es sich um Wandgeräte für WC, Badezimmer, Küchen, Wohnräume, die über ein Rohr Luft von außen ansaugen und über einen kleinen Wärmetauscher leiten. Die Frischluft wird mit der warmen Abluft vorgewärmt und danach in den Raum geblasen. Die verbrauchte Abluft wird über den Wärmetauscher nach außen geleitet. Das System ist sehr einfach, für Ruhe- und Schlafräume sollte man besonders auf leisen Lauf und ausreichende Schalldämmung der Geräte achten.

 

Einfache Lüftungsanlagen

Relativ leicht sind Systeme zur dezentralen Be- oder Entlüftung des Hauses oder der Wohnung zu verwirklichen. Über Abluftrohre wird aus Badezimmer, Küche und WC ständig Luft abgesaugt und ins Freie geblasen. Über Frischluftventile in Wohn- und Schlafräumen wird frische, aber kalte Luft ins Haus gesaugt. Vorteil: einfach einzubauen, kostengünstig. Nachteil: Energieverluste durch kalte einströmende Frischluft, keine Wärmerückgewinnung. Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Sie be- und entlüftet das ganze Haus. Die Abluft aus Badezimmer, Küche und WC wird über ein Rohrsystem abgesaugt, die Frischluft wird ebenfalls über ein Rohrsystem in die Wohn- und Schlafräume eingebracht. Die kalte Frischluft wird mittels der warmen Abluft im Wärmetauscher eines Lüftungsgerätes vor der Abgabe an die Räume erwärmt. Dadurch werden die Lüftungsenergieverluste stark minimiert. Dieses System ist zwar das aufwändigste, bietet aber den größten Komfort und spart Energie. Wird die Außenluft über im Erdreich verlegte 30-40 m lange Rohre angesaugt, so kann man zusätzlich die im Erdreich gespeicherte Energie nützen und die angesaugte Luft damit vorerwärmen. Die Lufttemperatur vor dem Lüftungsgerät beträgt dann auch bei tiefen Außentemperaturen immer einige Plusgrade. Derartige Anlagen werden v.a. in Niedrigenergie- und Passivhäusern eingesetzt, um die Lüftungsverluste zu minimieren. Im extrem gut gedämmten Passivhaus dienen sie, ausgestattet mit einer zusätzlichen Kleinst-Wärmepumpe, als alleiniges Heizsystem. Lüftungsgeräte dieser Art werden in vielen Bundesländern gefördert.

 

Unser Tipp

Die ideale Lüftungsanlage hat eine hohe Effizienz (Wärmerückgewinnung), einen niedrigen Lautstärkepegel, geringen Energieverbrauch und ist einfach zu warten. Lüftungsanlagen sollten regelmäßig gewartet werden, um hygienische und schalltechnische Probleme sowie erhöhten Energieverbrauch zu vermeiden.

Kurz gesagt

 

Wohnraumlüftung

Das Ablüften von verbrauchter Luft ist eine hygienische Notwendigkeit. Wichtig ist dabei, die Energieverluste im Winter in Grenzen zu halten. Die beste Methode hierzu sind Lüftungsanlagen mit hoher Wärmerückgewinnung, die zweitbeste und weniger aufwändige Methode ist richtige, ausreichende Fensterlüftung.